Die Blaue Wirtschaft in Marokko: Eine strategische Herausforderung für nachhaltige und integrierte Entwicklung
Die Blaue Wirtschaft ist eine der wichtigsten strategischen Herausforderungen, die Marokko in den letzten Jahren zu erforschen und zu entwickeln begonnen hat. Dies wird durch die einzigartige geografische Lage mit einer über 3.500 Kilometer langen Küstenlinie an Atlantik und Mittelmeer, die reichen Meeresressourcen und die wachsenden Logistik- und Hafenkapazitäten vorangetrieben. Angesichts der zunehmenden Herausforderungen in Bezug auf Klimawandel, Ernährungssicherheit und Energie ist dieser Sektor zu einer der zukünftigen Säulen für eine nachhaltige und integrierte Entwicklung geworden.
Mit einer langfristigen Vision hat Marokko das Konzept der Blauen Wirtschaft schrittweise als umfassenden Ansatz übernommen, der Fischerei und Aquakultur, Küstentourismus, erneuerbare Meeresenergien, Hafenwirtschaft, marine Biotechnologie und den Schutz mariner Ökosysteme umfasst.
Die Herausforderung besteht heute jedoch nicht nur darin, diese vielfältigen Sektoren zu nutzen, sondern sie auch in ein ausgewogenes Entwicklungsmodell zu integrieren, das Wohlstandsschaffung, Umweltschutz und räumliche Gerechtigkeit gewährleistet, insbesondere in Küstengebieten, die teilweise unter sozialer und wirtschaftlicher Benachteiligung leiden.
Aus dieser Perspektive bietet die blaue Wirtschaft eine echte Chance, die Volkswirtschaft zu diversifizieren und ihre Produktionsbasis über traditionelle Sektoren hinaus zu erweitern. Allein der Meeresfischereisektor trägt beispielsweise rund 2,3 % zum BIP bei und bietet Tausende von direkten und indirekten Arbeitsplätzen. Marokko ist zudem einer der größten Fischexporteure Afrikas.
Dieser Sektor ist jedoch mit Einschränkungen konfrontiert, die auf die Überfischung bestimmter Fischbestände und die sich durch den Klimawandel verändernden biologischen Migrationsmuster der Fische zurückzuführen sind. Dies erfordert eine Neuorganisation und eine verbesserte Umweltpolitik.
Die Aquakultur hingegen ist eine aufstrebende Branche, die in den kommenden Jahren einen qualitativen Sprung machen könnte. Das Fischereiministerium hat über die Nationale Agentur für die Entwicklung der Aquakultur einen ehrgeizigen Plan entwickelt, um Dutzende von Fisch- und Schalentierzuchtprojekten entlang der marokkanischen Küste zu etablieren und gleichzeitig marokkanische Investoren und Forscher zu ermutigen, lokale Arten zu züchten, die mit den Umwelteigenschaften kompatibel sind. Dieser Ansatz spiegelt den Wunsch des Königreichs wider, seine Abhängigkeit von Importprodukten zu verringern und seine Ernährungssicherheit durch Meeresressourcen zu verbessern.
Erneuerbare Meeresenergien wiederum bieten vielversprechende Perspektiven, insbesondere Offshore-Windenergie, die künftig in Marokkos Energiestrategie integriert werden könnten, deren Schwerpunkt auf Energiesouveränität und der Verringerung der Importabhängigkeit liegt. Die marokkanische Küste, insbesondere der Atlantik, ist zudem eine attraktive Region für Investitionen in diesem Bereich, sofern ein geeigneter gesetzlicher und regulatorischer Rahmen vorhanden ist, der Investoren anzieht und die wirtschaftliche Machbarkeit der Projekte gewährleistet.
Darüber hinaus entwickelt sich die Hafenwirtschaft zu einer der Säulen der marokkanischen „Blauen Wirtschaft“, mit der Entwicklung von Infrastrukturen wie dem Hafen von Tanger Med, der zu den größten und effizientesten regional und international zählt.
Dieser Hafen spiegelt zusammen mit anderen Projekten wie dem Hafen von Nador West Med und dem Atlantikhafen von Dakhla Marokkos Vision wider, seine Position als maritimes Tor zwischen Afrika, Europa und Lateinamerika sowie als globale Logistikplattform zu festigen. Diese Dynamik bringt jedoch auch Herausforderungen mit sich, da Häfen an ihr lokales Wirtschaftsumfeld angebunden werden müssen und die Entstehung von Wachstumszentren, die von ihrem sozialen Umfeld isoliert sind, vermieden werden muss.
Küsten- und Ökotourismus sind ebenfalls eine wichtige Säule der Blauen Wirtschaft, werden aber noch immer nicht ausreichend genutzt. Trotz tausender Kilometer langer Strände mangelt es vielen Küstengebieten, insbesondere im Süden, an Tourismusinvestitionen, die Wohlstand und Arbeitsplätze schaffen könnten. Diese Situation wirft Fragen der territorialen Governance, der Ressourcenverteilung und der Förderung des Privatsektors zu Investitionen in nachhaltigen Tourismus auf, der die ökologischen und kulturellen Besonderheiten jeder Region berücksichtigt.
Trotz dieses Potenzials hängt die Zukunft der Blauen Wirtschaft in Marokko weiterhin von der Fähigkeit des Staates ab, eine umfassende und integrierte Politik zu entwickeln, die die Konvergenz sektoraler Programme fördert, lokale Akteure und den Privatsektor einbindet und auf wissenschaftliche Forschung und Ausbildung im Meeresbereich setzt. Ohne ein integriertes System, das Wissen mit Produktion und Umwelt mit Wirtschaft verbindet, bleiben diese Chancen möglicherweise ungenutzt.
Daher ist es dringend erforderlich, die Blaue Wirtschaft explizit in das neue Entwicklungsmodell zu integrieren, ausreichende Budgets für die meereswissenschaftliche Forschung bereitzustellen und Instrumente zur Messung der ökologischen und sozialen Auswirkungen von Küstenprojekten zu entwickeln. Süd-Süd-Kooperationen, insbesondere mit afrikanischen Küstenländern, können diesen Trend durch maritime Partnerschaften in den Bereichen Fischerei, Ausbildung und Energie verstärken.
Dank seiner geostrategischen Lage, seiner natürlichen Ressourcen und seiner Afrikapolitik ist Marokko bestens aufgestellt, ein regionaler Akteur in der blauen Wirtschaft zu werden. Der Weg dorthin erfordert jedoch strategische Planung, langfristiges Engagement und ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Entwicklung und Nachhaltigkeit. Der Ozean ist nicht nur eine Quelle des Reichtums, sondern auch eine gemeinsame Verantwortung für zukünftige Generationen.
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